Im Februar 2018 ist die Reform des europäischen Emissionshandels (EU EHS) beschlossen worden. Die Verhandlungen standen im Spannungsfeld der Erfüllung des für 2030 vereinbarten Klimazieles (40 prozentige Treibhausgasminderungen der EHS-Sektoren zum Basisjahr 1990) und einer nicht unangemessenen Kostenbelastung für effiziente Produktionsunternehmen im internationalen Wettbewerb.
Eine im Jahr 2016 veröffentlichte Studie der Münchener Unternehmensberatung FutureCamp im Auftrag des Verbands der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft e.V. (VIK) hat gezeigt, dass die Kostenbelastung deutlich zunehmen könnte. Auf der Grundlage des von der EU Kommission vorgelegten Reformvorschlages kommt die Studie zu dem Ergebnis, dass mit teilweise existenzbedrohenden Kostensteigerungen für Unternehmen aller energieintensiven Branchen zu rechnen ist. Unter Berücksichtigung des fortgehenden Gesetzgebungsprozesses wurde die Studie nun noch einmal aktualisiert und die Reformvorschläge aller beteiligten EU-Institutionen mit Blick auf ihre Kostenimplikationen untersucht.
Anhand der berechneten Unternehmensbeispiele wird deutlich: Einer Energieerzeugungsanlage der chemischen Industrie könnten bis 2030 Mehrkosten in 11-facher Höhe verglichen mit den heutigen Emissionshandelskosten entstehen. Für eine einzige Anlage – zum Beispiel zur Herstellung von Aluminium – entstünde im schlimmsten Fall eine zusätzliche Belastung von mehr als 28 Millionen Euro im Jahr.
Vor dem Hintergrund der massiven Bedrohung des Industriestandortes Deutschland, die die Studie anhand beeindruckender und einfacher Zahlenbeispiele zeigt, ist ein Tätigwerden dringend erforderlich. In diesem Zusammenhang möchten wir darauf hinweisen, dass die Berechnungen an Hand deutscher Anlagen vorgenommen wurden, aber selbstverständlich auf ähnliche Anlagen in anderen EU-Mitgliedstaaten übertragbar sind. Der VIK hat folgende Forderungen in den Prozess eingebracht:
- Die Menge der freien Zuteilung muss so auskömmlich ausgestattet sein, dass die CO2-sparsamsten Anlagen in Europa keine zusätzlichen Kosten tragen müssen. Die Ergebnisse der angehängten Studie zeigen, dass dies durch eine Erweiterung der freien Zuteilung um 5 Prozent, wie vom Europäischen Parlament vorgeschlagen, gewährleistet werden kann;
- Die Anpassung von Produktbenchmarks müssen Technologiefortschritte berücksichtigen und tatsächliche Potentiale widerspiegeln;
- Durch eine adäquate Zertifikatausstattung der freien Zuteilung und moderate Benchmarkabschmelzung muss die Anwendung des sektorübergreifenden Korrekurfaktors zwingend vermieden werden;
- Die Kompensation indirekter Kosten (Strompreiskompensation) darf keine willkürliche Reduzierung oder gar Deckelung erfahren – weder auf europäischer noch nationaler Ebene;
- Die Fallback Benchmarks (insbes. der Wärmebenchmark) dürfen nicht pauschal abgeschmolzen werden. Vielmehr muss die Anpassung anhand der Energieeffizienz der leistungsfähigsten Anlagen und der Ressourcenverfügbarkeit erfolgen.
Energieintensive Unternehmen, die dem EU EHS unterliegen, müssen im internationalen Wettbewerb stärker geschützt werden. Um Investitionen in Innovationen und Effizienzverbesserungen zu ermöglichen und das erklärte EU-Ziel zu erreichen, den Anteil der Industrie an der Bruttowertschöpfung auf 20 Prozent anzuheben, gilt es daher, stabile und verlässliche klimapolitische Rahmenbedingungen zu schaffen.