VIK fordert mehr Tempo bei der EU-Gasrichtlinie und der Definition von grünem Wasserstoff

Berlin, 14. Februar 2023 – Der VIK – Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft e.V. sieht positive Fortschritte bei der europäischen Rechtsetzung zur Nutzung von Erdgas und Wasserstoff. Damit sowohl Produzenten als auch potenzielle Abnehmer von „grünem“ Wasserstoff in die zukünftige Nutzung dieser Technologie investieren, benötigen sie Planungssicherheit. Der VIK begrüßt, dass es nun weitere Fortschritte auf EU-Ebene gibt. Insbesondere der Beschluss der zuständigen Ausschüsse im Europäischen Parlament, keine weitgehende Entflechtung von Wasserstoff- und Erdgasnetzen zu erzwingen, ist ein sehr großer Fortschritt. Damit erhalten Netzbetreiber einen Anreiz, ihre Infrastruktur schrittweise auf Wasserstoff umzustellen. Die Bundesregierung sollte diese Position im Europäischen Rat unterstützen und später von der Option Gebrauch machen, das „Independent Transmission Operator (ITO) System“ in Deutschland beizubehalten.

Christian Seyfert, Hauptgeschäftsführer des VIK – Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft e. V.: „Ein rascher Hochlauf der Nutzung von ‚grünem‘ Wasserstoff braucht die richtigen Rahmenbedingungen, also verlässliche und planbare Rahmenbedingungen, um Investitionen zu planen. Wenn die europäische Wirtschaft bei der Nutzung von Wasserstofftechnologien nicht abgehängt werden soll, brauchen wir schnelle Lösungen und ein unbürokratisches Vorgehen. Die Gefahr, dass diese Technologiegruppe in Zukunft vor allem außerhalb Europas genutzt wird, ist ansonsten durch aus real. Die USA geben aktuell mit dem Inflation Reduction Act (IRA) das Tempo vor.“

Neben der Definition von „grünem“ Wasserstoff ist auch die Frage der bevorzugten Nutzung noch nicht abschließend geklärt. Wasserstoff sollte zunächst dort zum Einsatz kommen, wo er die einzige Option zur Dekarbonisierung oder eine effiziente Option zur CO2 -Vermeidung darstellt. Dies betrifft insbesondere die Industrie und den Schwertransport. Auch soll eine integrierte Infrastrukturplanung für erneuerbare Energie, Wasserstoff und Erdgas erfolgen. Im Sinne einer sparsamen Regulierung begrüßt der VIK zudem, dass Erdgas und Wasserstoff in der gleichen Art reguliert werden, wo dies sinnvoll ist. Es ist gut, dass beide Infrastrukturen eine gemeinsame Regulierungsbehörde bekommen und Bodennutzungsrechte für Erdgaspipelines automatisch auch für Wasserstoff gelten sollen.

Aus Sicht der energieintensiven Industrie ist es darüber hinaus ebenfalls positiv zu bewerten, dass die Gasnetzbetreiber bei der Planung der Umstellung auf Wasserstoff die Bedarfe der Abnehmer berücksichtigen sollen. So wird sichergestellt, dass die Versorgung der Industrie mit deren Transformationsplänen hin zu klimaneutralen Produktionsprozessen synchronisiert wird. Darauf zahlen auch die geplante Obergrenze von Beimischungen von Wasserstoff ins Erdgasnetz von drei Prozent und die Festlegung von Reinheitsgraden als Anschlussvoraussetzung ans Gasnetz ein. Unklar ist aktuell noch, wie im Falle einer knappen Versorgung Wasserstoffversorgung, der Netzanschluss priorisiert wird. Hierfür sollte es zügig unbürokratische Vorschläge geben.

In den Parlamentsentwürfen ist zudem eine vereinfachte Definition für erneuerbare Gase zu finden, die lediglich auf die Emissionsminderung gegenüber dem fossilen Referenzwert setzt. Aus Sicht des VIK ist dies ein hinreichendes Kriterium, dass durch den ausstehenden delegierten Rechtsakt nicht weiter spezifiziert werden muss.

Um die vorgegebenen Klimaziele erreichen zu können, muss nach Ansicht des VIK jede geeignete Technologie, die CO2 in diesem Maße einsparen kann, zugelassen werden. Bei dem delegierten Rechtsakt sind einige Vereinfachungen in den neuen Entwürfen erkennbar. Diese sind jedoch aus Industriesicht bei weitem nicht ausreichend, um den Wasserstoffhochlauf im ausreichenden Ausmaß und der notwendigen Geschwindigkeit voranzubringen. Dabei würde auch solcher Wasserstoff als erneuerbar gelten, der aus Stromgebotszonen kommt, deren durchschnittlicher CO2-Ausstoß unter 18 Gramm CO2-Äquivalente pro MJ beträgt. Solche Bedingungen finden sich in Europa regelmäßig aber nur in Frankreich, Schweden, Norwegen und der Schweiz. Für alle anderen sehen auch die neuen Entwürfe der Kommission weiterhin vor, dass der verwendete Strom nicht nur CO2-arm sein muss, sondern auch in engen zeitlichen und örtlichen Grenzen hergestellt werden muss. Zusätzlich wälzt der Entwurf über die sogenannten Additionalitätskriterien die Pflicht zum Ausbau der Erneuerbaren Energieerzeugung weiterhin auf die Wasserstoffproduzenten ab, wodurch die Genehmigung verkompliziert und der Investitionsaufwand für die Anlagen deutlich erhöht wird. Hier sind Nachbesserungen weiterhin dringend notwendig, für die die Bundesregierung sich auf EU-Ebene einsetzen sollte.